Berichterstattung über Flüchtlinge sowie medial sichtbares Engagement in der Flüchtlingshilfe ziehen oft auch die Konfrontation mit sogenannten „Asylgegnern“ nach sich, die in Hasskommentaren auf Facebook-Seiten oder in Kommentarspalten gegen Flüchtlinge hetzen und ebenso Menschen angreifen, die sich für Flüchtlinge engagieren.
Mehr Hintergründe zum Thema „Hass & Hetze im Internet“ gibt es in der Rubrik (Kon-)Texte.
Diese Problematik um als „Hate Speech“ bezeichnete Hassreden im Netz hat sich besonders rund um das Thema Flüchtlinge verschärft. Wer sich online für Flüchtlinge engagiert, muss mit Gegenwind rechnen, findet aber online auch Hilfe, um sich gegen menschenverachtende Kommentare zu wehren oder um ein Zeichen für eine reflektiertere Diskussionskultur zu setzen.
Die Youtube-Aktion #YouGeHa – Youtuber gegen Hass – widmet sich seit 2015 den unterschiedlichen Formen, die Hass und Hetze online annehmen können. In diesem Beitrag aus der 2016-er Runde macht Christoph Krachten einem „Faktencheck“ zum Thema Flüchtlinge. Die vollständige Liste der YouGeHa-Beiträge ist hier zu finden.
Die Aktion „Hass hilft!“ hat etwas gegen rassistische Kommentare im Netz und macht jeden menschenverachtenden Kommentar zu einer Spende für die Flüchtlingsprojekte der „Aktion Deutschland Hilft“ und „EXIT-Deutschland“, einer Initiative gegen Rechts. Die Partner der Aktion „Hass hilft“ antworten auf Facebook auf rassistische Kommentare mit ironischen Bildern und Texten sowie dem Hinweis auf „Hass hilft“.
Damit wird der Kommentar gezählt, ein Euro wird als Spende weitergeleitet. Die Mittel zur Umwandlung der Posts in Spenden werden von Partnern wie brandeins und dem FC St. Pauli bereitgestellt. Alles Weitere zur Aktion „Hass hilft!“ gibt es unter www.hasshilft.de.
Mit der Facebook-Aktion #Willkommen hat das Bistum Essen auch in Sozialen Medien ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit gesetzt und dafür Kritik und Anfeindungen auf seiner Facebook-Seite geerntet. Ulrich Lota, Leiter der Stabsstelle Kommunikation im Bistum Essen, erklärt im Gespräch mit NRW denkt nach(haltig), warum man sich für die Aktion und den proaktiven Umgang mit der Kritik entschieden hat.
„Hass ist keine Meinung; nicht mal im Internet! Sagen sie das laut…und freundlich!“ Das ist das Motto des No Hate Speech Movements, einer Initiative des Europäischen Rates, die vor allem junge Menschen für das Thema sensibilisieren will.
Mit seinen Videobotschaften aus dem „Bundestrollamt für gegen digitalen Hass“ gibt No Hate Speech seinen ernsten Botschaften eine humoristische Note und erzeugt Aufmerksamkeit im Netz. Um die junge Zielgruppe zu erreichen, setzt No Hate Speech auch auf Botschafter(innen) aus der Youtube-Szene, die von ihren eigenen Erfahrungen mit Hate-Speech berichten. Die Clips verbreiten sich vor allem über Facebook.
Von Politik und Öffentlichkeit wurde Facebook dazu aufgerufen, Hasskommentare unkomplizierter löschen zu lassen. Im Januar 2016 kündigte Facebook an, eine „Initiative für Zivilcourage Online“ zu initiieren und mit einer Million Euro zu unterstützen. Hier soll auf Gegenrede als Mittel gegen Hate Speech gesetzt werden.
Eine weitere Methode, sich gegen Hass zu positionieren, ist, hetzerische Gerüchte als solche zu entlarven. Dies ist das Ziel der HOAXmap, die von Karolin Schwarz und Lutz Helm im Februar 2016 online gestellt wurde. Die Betreiber der HOAXmap sammeln Falschmeldungen, die nachgewiesenermaßen widerlegt wurden, und ergänzen Informationen da, wo sie von vertrauenswürdigen Medien vorliegen. Mehr als 450 widerlegte Falschmeldungen aus dem deutschsprachigen Raum sind mittlerweile auf der HOAXmap zu finden – und die Macher wurden für den Grimme Online Award 2016 nominiert. In einem Interview im Blog „quergewebt“ schildert Karolin Schwarz die Entstehung und Entwicklung der HOAXmap.
Eine andere Strategie, gegen den Hass im Netz vorzugehen, ist der Dialog. Oft werden in Hasskommentaren populistische Phrasen aus politischen Debatten, Un- und Halbwahrheiten verbreitet, die sich mit dem entsprechenden Wissen leicht entkräften lassen. Im Blog des Netzwerks Flüchtlingsforschung setzen sich Wissenschaftler(innen) unterschiedlicher Disziplinen kritisch mit Argumenten der Flüchtlingsdebatte auseinander.
Sie erklären zum Beispiel, warum die Forderungen nach Obergrenzen für die Aufnahme von Asylsuchenden völkerrechtlich unhaltbar sind, und analysieren, welche falschen Bilder von Fluchtmotiven und der Situation von Flüchtlingen auch durch Äußerungen von Politiker(inne)n gezeichnet werden. Auch die Medien helfen, Wahrheit von Verschwörungstheorien zu trennen, wie zum Beispiel mit Faktenchecks zu Gerüchten und Unwahrheiten über Flüchtlinge, wie sie z. B. das Handelsblatt, die Süddeutsche Zeitung oder Die Zeit veröffentlicht haben.
Die Deutsche Welle schickte den Reporter und Moderator Jaafar Abdul Karim für seine Reihe „Jaafars Videoblog“ mitten in eine Pegida-Demonstration, um unterschiedliche Haltungen gegenüber Flüchtlingen kennenzulernen. Während des Drehs wurde sein Team von Demonstranten angegriffen. Auch zu anderen Themen reist Jaafar durch Deutschland und die Welt, z. B. um mit muslimischen Frauen zu sprechen, die in Gefangenschaft des IS waren oder die eine Burka tragen. Das Video-Blog ist bei Spiegel Online nachzusehen.
Eine weitere Methode, auf sogenannte Bürgerängste zu reagieren, haben die Zeichner des Projekts „Bildkorrekturen“ gewählt. Sie bilden weitverbreitete Ängste und Vorurteile grafisch ab und setzen die Realität – auf Fakten basierende Gegenpositionen – ebenfalls zeichnerisch um.
Weitere Linktipps und Hinweise auf Projekte gegen Hass im Netz bietet das Themenspecial „Zusammen gegen Hate Speech“ auf den Seiten des Projekts NRW denkt nach(haltig).
Die Initiative „Netz gegen Nazis“ stellt sich mit Rat und Tat gegen Rechtsextremismus. Die Autoren beobachten aktuelle Propaganda-Strategien und Auftritte von Rechtsextremen in sozialen Netzwerken, geben Tipps, wie man zum Beispiel rechtsextremen Verschwörungstheorien im Internet begegnen kann, und bieten Unterrichtsmaterialien gegen Hass im Netz an.
Diese Initiative ist ein Projekt der Amadeu Antonio Stiftung, die bereits seit 1998 für die „Stärkung der demokratischen Zivilgesellschaft“ eintritt. Für dieses Ziel fördert die Stiftung unter anderem (lokale) Projekte und Initiativen, die sich gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus und für den Schutz von Minderheiten einsetzen.
Das Grimme-Institut selbst ist am von der EU geförderten Projekt „BRICkS – Building Respect on the Internet by Combating Hate Speech“ beteiligt. Gemeinsam mit Partnern aus Italien, Tschechien und Belgien hat es sich zum Ziel gesetzt, die Verbreitung von Online-Hassreden gegen Migranten und Minderheiten mit Hilfe von Medienkompetenz und aktiver Einbindung von Nutzern und Produzenten von Netzinhalten zu bekämpfen. Die aktuelle Berichterstattung, hier ein Beispiel über Facebook, zeigt, dass auf Webseiten, in Blogs und im Social-Media-Bereich das Problem der sogenannten “Hate Speech”, also der Hassreden und Beleidigungen, wächst.
Das BRICkS-Projekt untersucht die Möglichkeiten, die moderne Techniken bieten, um – besonders junge – Menschen in die Lage zu versetzen, die Informationen, die sie über Online-Medien und Soziale Netzwerke erhalten, kritisch zu nutzen und ihre aktive Rolle im Kampf gegen rassistische und fremdenfeindliche Hassreden zu stärken. Auch die internationale Dimension, der Vergleich von Hassreden in unterschiedlichen Ländern und unterschiedliche Ansätze zu möglichen Gegenmaßnahmen sind dabei von Interesse.
Veröffentlich: Februar 2016
Zuletzt aktualisiert: Januar 2017