Mehr Informationen zur Lage in Sachen Internetzugang in deutschen Flüchtlingsunterkünften und zu den Gründen, warum dieser so wichtig ist, finden sich bei netzpolitik.org.
Schon auf ihrer Flucht sind Smartphone und Internetzugang für Flüchtlinge unersetzlich. Auch in der neuen Heimat unterstützen digitale Helfer neu Angekommene dabei, sich zu orientieren, informieren und ihren Neuanfang zu organisieren. Viele digitale Hilfsangebote an Flüchtlinge stammen von engagierten Freiwilligen und funktionieren über das Prinzip des Crowdsourcings.
Freies Internet in Aufnahmelagern oder an öffentlichen Orten gibt es in Deutschland kaum. Deswegen setzen sich zum Beispiel die sogenannten Freifunker dafür ein, Flüchtlingsunterkünfte ans Internet anzuschließen. Die Internetverbindung wird über ein Netz aus Freiwilligen möglich, die einen Teil ihres privaten Internetzugangs für das Gemeinschaftsnetz zur Verfügung stellen. Unter dem Motto „Freifunk hilft“ haben lokale Freifunk-Communitys für Internetanschlüsse in 100 Flüchtlingsunterkünften gesorgt.
Von Berlin bis Passau stellt der Refugees Online e.V. Computer und Internetzugang in Flüchtlingsunterkünften zur Verfügung. Mittlerweile werden mehr als 130 Projekte in den Einrichtungen von dem Verein betreut. Dort finden auch PC-Schulungen für die Bewohner(innen) statt. Rund 6.000 Geflüchtete nutzen bislang die Angebote.
Auch die Landesregierung NRW engagiert sich für den Freifunk. Im Rahmen des Projekts „100xWLAN“ können Freifunker an bis zu 100 landeseigenen Gebäuden Freifunknetzwerke einrichten. Dazu will sich das NRW-Kabinett dafür einsetzen, Freifunk als gemeinnützig anzuerkennen.
Mit Medien hilft auch NetHope, ein Zusammenschluss dutzender NGOs mit Partnern in der IT-Branche. Syrische Flüchtlinge unterstützt NetHope mit Mobilfunk- und Internetanschlüssen in den jordanischen Flüchtlingscamps sowie mit Stationen, an denen die Asylsuchenden unterwegs ihre Geräte aufladen können. Auch an einem Informationsportal zur Situation auf den Fluchtrouten und E-Learning-Angeboten wird gearbeitet. Die Initiative lädt Unterstützer(innen) und weitere NGOs dazu ein, Projektvorschläge zu machen, wie Menschen in Situationen von Not oder Benachteiligung auf der ganzen Welt mit Hilfe von Medien unterstützt werden können.
Verständigung
Mit Hilfe des offenen Online-Wörterbuchs Refugee Phrasebook können Helfer(innen) und Flüchtlinge einfache Gespräche über den Alltag und Orientierung in Deutschland, über medizinische und juristische Probleme führen. Das Refugee Phrasebook wird von Freiwilligen zusammengestellt und übersetzt. Zunächst wurden die Übersetzungen in ein gemeinsames Google-Spreadsheet eingetragen. Danach wurden, nach Gruppen von Aufnahmeländern sortiert, Wiki-Books sowie Kurzfassungen als PDF veröffentlicht.
Für Deutschland/Österreich/Schweiz und Schweden ist bereits die Kurzfassung fertig, in der Übersetzungen basaler deutscher Wörter und Sätze auf Arabisch, Englisch, Serbisch, Dari, Russisch, Kurdisch, Rumänisch und Albanisch zu finden sind. Eine Printversion des Kurz-Guides wurde von Studierenden der Kunsthochschule Kiel gestaltet. Auch an Übersetzungen in Piktogramme wird gearbeitet. Das Angebot wird ständig verbessert und aktualisiert.
Auf der Veranstaltung „Jugend hackt“ 2015 wurde der Datensatz des Refugee Phrasebook von den jungen Programmierer(innen) bearbeitet, um es anschaulicher und nutzerfreundlicher darzustellen. Das Ergebnis ist nun Teil der „Germany says Welcome“ App, die am Ende dieses Kapitels vorgestellt wird.
Orientierung
Die Refugees Welcome Map des Verbands für Interkulturelle Arbeit e.V. aus Duisburg ist eine interaktive Deutschlandkarte zum „mitmappen“. Sie bildet die Infrastruktur der Flüchtlingshilfe in Deutschland ab und informiert sowohl Helfer(innen) als auch Flüchtlinge in mehreren Sprachen über Angebote. Interessierte Einrichtungen und Projekte der Flüchtlingshilfe können sich in die Karte eintragen lassen. Auf der Seite findet sich außerdem ein Infoportal, das relevante Webadressen für Flüchtlinge und Ehrenamtliche zusammenstellt. Die Refugees Welcome Map bietet Direktlinks zu Orten / Landkreisen sowie die Möglichkeit zur dezentalen Datenerfassung. So können regionale Initiativen der Flüchtlingshilfe oder Kommunen die Redaktion für ihre Region übernehmen, die Einträge selbst vervollständigen und alle Daten eigenständig verwalten.
Wie man selbst mit OpenStreetMap Karten für die Flüchtlingshilfe erstellen kann, erklärt Medienpädagoge Guido Brombach in seinem Blog.
Von und für Flüchtlinge in Berlin gibt es die Karte „Arriving in Berlin“. Basierend auf dem freien Kartendienst Open Street Map entstand eine Karte, die Neuankommenden Orientierung in der Hauptstadt bietet. Die Karte wurde von Flüchtlingen selbst gefüllt, um ihre Informationsbedürfnisse abzubilden. Außerdem teilen auf der Website Menschen, die an der Karte mitgewirkt haben, ihre Erfahrungen beim Ankommen in Berlin und erzählen unter anderem von der Schwierigkeit, eine Wohnung zu finden. Die Informationen von „Arriving in Berlin“ stehen auf Englisch, Arabisch und Farsi zur Verfügung und werden stetig aktualisiert.
Willkommens-Apps
Die wichtigsten Informationen und Kontakte für Flüchtlinge schickt die „Willkommen in Deutschland“-App direkt auf ihr Smartphone. Die App fasst zum Beispiel Informationen von Behörden zum Asylverfahren zusammen und stellt sie in den Sprachen der Anwender(innen) dar, und das auch ohne Internetzugang. Das Finden und Aufsuchen von wichtigen Institutionen und Anlaufstellen wird durch eine Karten- und Navigationsfunktion möglich. Die App bietet bereits Informationen für eine Vielzahl von Städten, von Berlin bis Schwerin. Am Städteangebot wird weiter gearbeitet.
Im Januar 2016 hat das Bundesamt für Migration gemeinsam mit dem Goethe-Institut, dem Bayrischen Rundfunk und der Bundesagentur für Arbeit die App „Ankommen“ vorgestellt. Sie soll die Neuangekommenen in den ersten Wochen in Deutschland dabei unterstützen, die wichtigsten behördlichen Schritte zu meistern und sich über Fragen zu Arbeit, Ausbildung und Alltag in Deutschland zu informieren. Auch Grundlagen der deutschen Sprache werden vermittelt. Die App steht in den Sprachen Arabisch, Englisch, Farsi, Französisch und Deutsch zur Verfügung und ist nach dem Download auch ohne Internetzugang nutzbar. „Ankommen“ ist für Android- und iOS-Geräte enwickelt.
Die Arbeit an der App „Germany says welcome“ begann im September 2015 auf einer „Jugend hackt“ Veranstaltung in Köln. Weiter ging es im Oktober bei „Jugend hackt“ in Berlin und ab November 2015 beteiligte sich auch das Land NRW am Entwicklungsprozess. Mit „Welcome to NRW“ ist seit April 2016 eine Willkommens-App fertig, die neu Angekommenen bei der Orientierung in Nordrhein-Westfalen helfen soll. Informationen zu Behörden, Bildungsmöglichkeiten und Nothilfen sowie eine Karte, auf der u.a. Angebote der Flüchtlingshilfe eingetragen sind, sowie ein interaktives Phrasebook stehen in vier Sprachen zur Verfügung. Die „Welcome to NRW“ App ist für Android-Geräte und als Web-App entwickelt. Da „Germany says welcome“ ein Open Source Projekt ist, können auch weitere Länder oder einzelne Gemeinden eigenen Willkommens-Apps auf der Basis des Projekts starten.
Veröffentlicht: Februar 2016
Zuletzt aktualisiert: Januar 2017
Weiterlesen: Informationen und Nachrichten für Flüchtlinge