Das Thema Rechtspopulismus nimmt aktuell in Deutschland einen großen Raum in den Massenmedien ein. Bei der Durchsicht bekannter Print- und Online-Medien finden Leserinnen und Leser tagtäglich Schlagzeilen und Berichte über Aussagen und Taten der politisch rechten Szene. Hinzu kommen Artikel über Politiker aus Deutschland und anderen Ländern, die mit rechtspopulistischen Aussagen von sich reden machen. Wie erklärt es sich aber, dass der Rechtspopulismus so viel Aufmerksamkeit in den Massenmedien bekommt, und welche Auswirkungen hat dies auf gesellschaftliche Zusammenhänge in einer Demokratie?
„Im Rechtspopulismus dient der Populismus als Brücke zwischen der demokratisch konstituierten Öffentlichkeit und rechtsextremistischen Positionen. Standen rechtsextremistische Ideologeme außerhalb der demokratisch konstituierten Öffentlichkeit, werden sie mithilfe der populistischen Logik dorthin transportiert. Rechtspopulismus dient somit als Eintrittstor für rechtsextreme Ideologien in die demokratische Öffentlichkeit. Denn die systemische Begünstigung des Populismus in den Massenmedien führt dazu, dass rechtsextremistische Ideologeme immer öfter transportiert werden.
Die Auswirkungen dieses Prozesses auf die Demokratie können verheerend sei. Durch die Privilegierung rechtspopulistischer Akteure aufgrund ihrer Affinität zu den Aufmerksamkeitsregeln der Massenmedien kommt es zur Wiederholung ihrer Botschaften. So entsteht ein Gewöhnungseffekt an antidemokratische Botschaften, rechtsextremistisches Gedankengut kann in der Folge salonfähig werden.„
Einfach, emotional, dramatisch – Warum Rechtspopulisten so viel Anklang in den Massenmedien finden
Paula Diehl
Populistische Statements sind laut, vereinfachen stark, geben sich als Meinung des Volkes aus und scheinen oft immun gegenüber Faktenwissen. Es macht den Anschein, als ob die Grenzen des Sagbaren in einem immer schnelleren Takt überschritten werden und die Hemmungen, zu lügen und zu beleidigen, sinken. Journalistische Informationen und Aufklärung sind umso wichtiger und werden von vielen Menschen gern und verständig genutzt. Wie aber soll man umgehen mit unerwünschten Nebenwirkungen der Berichterstattung?
Journalistinnen und Journalisten stecken in der Zwickmühle und stellen sich aktuell genau diese Frage: Wie sollen sie umgehen mit rechtspopulistischen politischen Strömungen und Vertretern dergleichen? Einerseits muss über das Themenfeld Rechtspopulismus / Rechtsextremismus berichtet werden, da dieses in der politischen und gesellschaftlichen Realität Deutschlands stattfindet und entsprechende Themen mit der AfD auch im politischen Geschehen angekommen ist. Andererseits will Journalismus nicht dazu beitragen, dass rechtes Gedankengut in seiner Verbreitung Unterstützung erhält.
Das Problem der Presse ist international. In vielen Ländern der Erde befinden sich Populisten an der Macht und / oder rechte Parteien auf der Regierungs- oder Oppositionsbank. Themen, Aussagen, Beschlüsse aus der politischen Praxis müssen in der Presse abgebildet werden. Das Beispiel Donald Trump lässt jedoch befürchten, dass offen rassistische und sexistische Äußerungen über gesellschaftliche Gruppen Eingang in die gesellschaftliche Normalität gefunden haben. Die Angst von Journalist(inn)en, instrumentalisiert zu werden, ist jedoch kein guter Berater, wenn es um eine verantwortungsvolle Rolle der Presse geht.
Was kann Journalismus dagegensetzen? Das ständige Einbringen der angeblichen Opferrolle seitens der rechten Szene macht ein Weglassen zum vermeintlichen Angriff auf die Meinungsfreiheit, der Versuch, Lügen aufzudecken und nachzuweisen, wird kurzerhand verkehrt, das Offenlegen rechtsextremen Gedankenguts klärt auf, aber verbreitet gleichzeitig dasselbige.
Diesem Themenkomplex widmet sich am 28. Oktober 2019 die Tagung „Rechts-)Populismus, öffentliche Meinungsbildung und die gesellschaftliche Verantwortung der Medienschaffenden“, die vom Grimme-Institut in Kooperation mit der Volkshochschule Leipzig durchgeführt wird. Eine gespiegelte Variante der Tagung wird es zudem im März 2020 in Dortmund geben.
Kernfragen der Veranstaltungen sind:
- Wie können Journalist*innen derzeit noch kritisch neutral über Themen berichten, die von Rechtspopulist*innen besetzt werden?
- Welche Kriterien werden wo zu Grunde gelegt und wie tragfähig sind diese (noch)?
- Wie trennscharf sind überhaupt die Begrifflichkeiten? Und wo liegen die Grenzen gesellschaftlicher Verantwortung?
Im Grimme Lab wird es zu beiden Veranstaltungen dokumentierende Beiträge geben.