„Klimakrise, Corona, Krebsforschung – und dann noch ein Datenklau! Diese Schlagworte zeigen: Die Kommunikation von Wissenschaft, Medizin und Technik wird immer wichtiger für Politik und Gesellschaft, aber auch für den Alltag jedes Einzelnen. Wer gut informiert werden will, ist selbst im Google-Zeitalter auf kompetente und kritische Journalistinnen und Journalisten angewiesen: Profis, die nicht nur verständlich und unterhaltsam über Daten und Studien aus Forschungslabors und Kliniken berichten, sondern Nachrichten aus der Wissenschaft auch einordnen können. Denn nicht jede Medizinmeldung ist tatsächlich ein Durchbruch für Patienten, nicht jede Technik bringt nur Fortschritte und nicht jeder Experte ist tatsächlich so seriös, wie er sich auf YouTube verkauft.“
Lehrstuhl Wissenschaftsjournalismus der TU Dortmund
Ohne professionellen Journalismus sind wir in der heutigen Informationsflut hoffnungslos überfordert. Wir brauchen Menschen, die fachlich klug und journalistisch qualifiziert News sortieren, auswählen, einordnen und in verständliche Worte kleiden. Eine anspruchsvolle Aufgabe, die zudem viel Verantwortungsbewusstsein erfordert.
Der Werdegang als Journalistin / Journalist kann sehr unterschiedlich verlaufen. Es kann ein rein akademischer Weg oder aber auch eine Kombination aus Universität und Volontariat sein. Aber auch der erfolgreiche Besuch einer Journalistenschule kann zu einem Job als Redakteur/-in führen. Auch Naturwissenschaft oder ein mathematisch-technischer Studiengang als die Grundlage, auf die dann (begleitend oder darauf aufbauend) ein Journalismusstudium, ein Volontariat oder der Besuch einer Journalistenschule folgen, kann ein Weg sein. Zudem gibt es gerade im Wissenschaftsjournalismus zahlreiche Seiteneinsteiger, die über ihre wissenschaftliche Fachrichtung ihren Weg in die Medien finden. Eine prominente Vertreterin ist beispielsweise Mai Thi Nguyen-Kim, die neben zahlreichen Auszeichnungen sowohl den Grimme Online Award (2018) als auch den Grimme-Preis (2021) erhalten hat.
Viele Universitäten in Deutschland bieten als Studienfächer Journalismus, Journalistik, Publizistik, Online-Journalismus, Medienwissenschaft und Kommunikationswissenschaften an. Häufig werden diese bereits mit weiteren Fächern gepaart, die sich Studierende als späteres Ressort vorstellen können.
Journalistenschulen bieten kein klassisches Studium, sondern eine journalistische Ausbildung, vergleichbar mit einem Volontariat. Journalistenschule qualifizieren sehr praxisorientiert und bilden in den Bereichen Print, Fernsehen, Hörfunk und Crossmedia aus. Renommierte Schulen sind zum Beispiel die Henri-Nannen-Schule, die FreeTech – Axel Springer Academy of Journalism and Technology, die RTL Journalistenschule und die Deutsche Journalistenschule. Allerdings haben Teilnehmende vor einem Besuch einer Journalistenschule bereits ein journalistisches Studium und / oder ein anderes Fach absolviert und ergänzen ihren Abschluss nun.
Während eines Volontariats durchlaufen angehende Journalisten mehrere Redaktionen in einem Verlag oder Medienunternehmen. Dieses dauert anderthalb bis zwei Jahre und bereitet praxisnah auf den Berufsalltag vor. Neben der praktischen Ausbildung in den Redaktionen oder Ressorts gehören zu einem geregelten Volontariat auch Volontärkurse.
Mögliche Arbeitgeber sind Wisssenschaftsredaktionen, die zumeist bei größeren regionalen und überregionalen Zeitungen, Zeitschriften und Magazinen, bei TV-Sendern, dem Hörfunk oder auch Verlagen zu finden sind. Kleinere Lokalredaktionen oder nicht-wissenschaftliche Redaktionen beschäftigen eher keine Wissenschaftsjournalist(inn)en, sondern fragen diese bei Bedarf als Experten und Interviewpartner an.
Bekannte Wissenschaftsmagazine und damit mögliche Arbeitgeber sind beispielsweise National Geographic, Spektrum der Wissenschaft, ZEIT Wissen oder auch Geo. Im Medium Fernsehen sind beispielsweise Formate wie „Galileo“, „Quarks“, „Planet Wissen“, „nano“ oder auch „Wissen macht Ah!“ und „Princess of Science“ zu nennen. Und auch beim Hörfunk gibt es diverse Wissens-Podcasts wie „IQ – Wissenschaft und Forschung“ (BR), „Radiowissen“ (BR), „People of Science“ (Deutschlandfunk Kultur) oder „SWR2 Wissen“.
Wir möchten im Folgenden ein paar der ausbildenden Institutionen vorstellen, die in der journalistischen Qualifizierung tätig sind und den Aspekt der Wissenschaft auf unterschiedliche Art und Weise in ihr Angebot aufgenommen haben.
Die BJS Berliner Journalistenschule bietet Seminare zu zahlreichen Themen wie professionelles Schreiben, öffentliche Rede, Moderation und Präsentation vor Publikum und Kamera sowie am Mikrofon. Die Schule vermittelt Wissen für die Kommunikation in Print und Online, auf Social Media, via TV, Radio, per Video auf Plattformen wie YouTube und Instagram oder auch als Podcast für Journalistinnen und Journalisten und alle Menschen, die im weitesten Sinne in Public Relations oder Marketing tätig sind. Für den journalistischen Themenbereich dieses Beitrags bietet die Journalistenschule ein Seminar unter dem Titel „Wissenschaftsjournalismus“ an, das sich an Journalist(inn)en, die sich in Richtung Medizinjournalismus oder Wissenschaftsjournalismus orientieren möchten sowie an PR-Fachleute aus dem Bereich Wissenschaft, die mehr über das Schreiben und das journalistische Herangehen erfahren möchten, richtet.
Ein Projekt der FreeTech Academy waren übrigens die „Hong Kong Diaries“, welche 2021 für den Grimme Online Award nominiert waren und mit dem European Newspaper Award ausgezeichnet wurden.
Die FreeTech Academy bietet eine zweijährige Ausbildung zum Journalisten / zur Journalistin und Weiterbildungen für Profis des Axel Springer Verlags sowie der Tochtergesellschaften an. Die angehenden Journalist(inn)en arbeiten sechs Monate gemeinsam mit Dozentinnen für Online, Video, Audio, TV, Print und Social Media und werden im Anschluss in den selbstgewählten Redaktionen der Verlagsgruppe Axel Springer eingesetzt. Nach zwei Jahren sind die Teilnehmer/-innen Redakteure oder Redakteurinnen. Datenjournalismus ist dabei das Thema eines sogenannten Fokussierungs-Workshops. Zudem arbeitet die FreeTech Academy für die theoretische Ausbildung der Tech-Talente mit der CODE University of Applied Sciences zusammen. Dabei kann einer von drei staatlich anerkannten Studiengängen gewählt werden (B.Sc. Software Engineering, B.A. Interaction Design und B.A. Product Management). Zudem gibt es regelmäßig besondere Projekte, die von den angehenden Journalistinnen und Journalisten umgesetzt werden. Für den Themenbereich des Wissenschaftsjournalismus ist beispielsweise das Projekt „Mind Stories“ zu nennen, welches sich wie folgt beschreibt:
„We are a group of young journalist and tech-talents from freetech Academy Berlin. Our vision behind Mind Stories is to provide a comprehensive insight into the complexity of mental health which at the moment is one of the most popular topics on social media. To deliver our content, we produced smart and informative video content supported by Snapchat’s AR lenses. By combining gamification, information, diverse experts, and the power of Snapchat’s AR lenses, we aim to raise awareness about mental health among young people while fostering a sense of connection and understanding.“
FreeTech Academy / mindstories
Die Deutsche Journalistenschule ist eine unabhängige Ausbildungsstätte für Journalismus im deutschsprachigen Raum. Bereits seit 45 Jahren werden Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten für Tätigkeiten in Online-, Print-, Radio- und Fernsehredaktionen geschult. Auf wissenschaftlichem Gebiet arbeitet die DJS eng mit der Ludwig-Maximilians-Universität zusammen, an der 30 Studierende zusätzlich zu ihrem praktischen Training ein Master-Programm absolvieren.
Die DJS bietet zwei Ausbildungswege an. Zum einen kann eine 16-monatige Ausbildung in der Kompaktklasse absolviert werden, die sich an der journalistischen Praxis orientiert und an einem Stück absolviert wird. Sie beinhaltet ein zehnmonatiges Training in Print-, Online-, Radio- und Fernsehjournalismus an der DJS sowie zwei dreimonatige Pflichtpraktika. Die Kompaktausbildung setzt kein Studium voraus. Zum anderen kann ein Masterstudium absolviert werden, das die journalistische Praxis mit Theorie und Forschung kombiniert. Die Studierenden nehmen an einem neun Monate dauernden intensiven journalistischen Training an der DJS teil und absolvieren zwei Pflichtpraktika. Zudem besuchen sie sozialwissenschaftliche Lehrveranstaltungen am Institut für Kommunikationswissenschaft der Ludwig-Maximilians-Universität und schreiben dort eine Masterarbeit.
Übrigens: Für Wissenschaftler(innen) bieten einige Weiterbildungsträger Schulungen zum Thema Wissenschaftskommunikation an, wie beispielsweise die Leipzig School of Media mit ihrem Seminar „Wissenschaftskommunikation – Wissenschaft kommunizieren: Erkenntnisse aus der Forschung richtig nach außen tragen“.
Beim Institut für Journalistik der TU Dortmund geht es um die akademische Ausbildung des Journalistennachwuchses und um die Verbindung von Theorie und Praxis, die durch Crossmedialität und Internationalität sowie einen direkt angeschlossenen Fernsehsender gegeben ist. Der Bachelorstudiengang Wissenschaftsjournalismus verknüpft Kompetenzen für Journalist(inn)en wie Recherche, Interviewtraining, Lehrredaktionen, Medienrecht, Journalismusforschung, Ethik mit dem Wissen aus einem Zweitfach. Zur Wahl stehen Naturwissenschaften (mit den Schwerpunkten Biowissenschaften / Medizin und Physik), Technikjournalismus und Datenjournalismus. Ein Volontariat bei renommierten Medien gehört ebenfalls zu diesem Studium. Das zweisemestrige Masterprogramm bietet ein kompaktes Angebot für Journalisten mit Führungsambitionen sowie für Interessierte, die tiefer in die Forschung zum Wissenschaftsjournalismus einsteigen wollen. Neben empirischer Sozialforschung stehen Redaktionsmanagement und ein Führungskräfteseminar auf dem Plan. Das Zweitfach ist weitgehend frei wählbar. Voraussetzung für das anspruchsvolle Programm sind ein Abschluss in Wissenschaftsjournalismus oder in einem adäquaten Studiengang sowie ein journalistisches Volontariat. Den Studienzweig bilden acht Professorinnen und Professoren, eine crossmediale Lehrredaktion, ein Institut für internationalen Journalismus und ein angeschlossener Fernsehsender mit Sendelizenz.
Leonhard Ottinger, der Geschäftsführer der RTL Journalistenschule, hat uns dankenswerterweise ein Interview zur Arbeit der RTL Journalistenschule sowie zum Themengebiet des Wissenschaftsjournalismus gegeben.
Die RTL Journalistenschule bildet angehende Journalistinnen und Journalisten im Rahmen einer zweijährigen Ausbildung aus. Diese setzt sich aus fünf Schulblöcken (insgesamt sieben Monate) und Praxisstationen zusammen, die sich in der Abfolge abwechseln. Ein Jahrgang besteht aus 18 Journalistenschüler(inne)n. Unter anderem geht es in der Qualifizierung auch um ausgewählte Genres der Berichterstattung: z. B. Wirtschafts- und Verbraucherthemen und Wissenschaftsjournalismus.
Weitere Informationen zum Thema Datenjournalismus und dessen Bezugspunkt zum Wissenschaftsjournalismus finden sich im Grimme Lab-Beitrag „Datenjournalismus & Co.“.
ProContent ist eine gemeinnützige Akademie mit Standorten in Essen (Zentrale), Hamburg, Berlin, München und Frankfurt. Die Akademie bietet sowohl in Präsenz als auch in verschiedenen digitalen Formaten ein offenes Seminarprogramm mit über 150 Seminaren pro Jahr sowie verschiedene Volontärkurse und individuelle Inhouse-Schulungen an und richtet sich an Menschen aus allen Berufen in und mit Medien mit Seminaren in den Bereichen Journalismus, PR, Kommunikation, Marketing, Social Media, Audio, Bewegtbild, Führungskräfteentwicklung sowie Agiles Projektmanagement. Eines der sogenannten Bootcamps heißt „Daten verstehen und visualisieren – Datenmengen in den Griff bekommen“ und behandelt Werkzeuge, die dafür nötig sind, von lokalen Quellen – wie einer Statistik aus dem Rathaus –, über die große Spanne der frei verfügbaren öffentlichen Daten (Statistische Ämter, Behörden, Ministerien) bis hin zu komplexen Daten-Quellen (Scraping, APIs). Interessant bezüglich des Themenbereichs dieses Beitrags ist auch das Seminar „Datenjournalismus Grundkurs: Quellen und Tools
Geschichten entdecken und erzählen“. Darin geht es um die Schulung der Fähigkeiten, Daten zu finden, zu bereinigen, zu analysieren und zu visualisieren.
Es gibt verschiedene Ausbildungswege im Journalismus. Die Wissenschaft in den verschiedenen Fachbereichen als Schwerpunktthema bringt eine weitere komplexe Komponente hinzu, die in der Ausbildung eine wichtige Rolle spielt. Egal ob über den Seiteneinstieg in den Journalismus als Wissenschaftler/-in oder über den direkten Weg per Studium und / oder Volontariat, die Anforderungen an die (angehenden) Journalistinnen und Journalisten sind hoch, der Bedarf an professionellen Einordnern und Erklärern ist es ebenso.