Stellt euch die Melodie von Queen`s „Bohemian Rhapsody“ vor und jetzt kommt das:
„Is string theory right?
Is it just fantasy?
Caught in the Landscape
Out of touch with reality”
(„Bohemian Gravity” von A Capella Science)
Ja, auch das ist Wissenschaftskommunikation. Zur Melodie von „Bohemian Rhapsody“ erklärt vor fast 10 Jahren der damalige Uni-Absolvent Tim Blais aus Kanada singend die Schwerkraft – und geht im Internet ab wie eine Rakete: Über 4 Millionen Aufrufe hat das etwa 3-minütige YouTube-Video.
Noch erfolgreicher starteten Gregory Brown und Mitchell Moffit durch auf ihrem YouTube-Kanal „AsapScience“ (10,4 Millionen Abonnenten) mit ihrem „Periodic Table Song“. Über 37 Millionen Menschen wollten hören, wie die beiden Kanadier zur Melodie von Offenbachs Cancan das chemische Periodensystem besingen.
Deutschen Wissenschaftssongs winkt auch „Fame“, der promovierte Systembiologe Dr. Lorenz Adlung aka do:ku etwa hat für die Idee seiner Science Rap EP „COVID“ eine Ausschreibung der Robert-Bosch-Stiftung zu Wissenschaftskommunikation gewonnen.
Musik und Gesang machen neugierig auf Wissenschaft und auch Zeichnungen wecken Lust auf mehr:
Mit Sketchnoting lassen sich Inhalte knackig mit Bildern und Notizen erklären. Das Grimme-Institut erstellt seit dem Jahr 2020 regelmäßig Sketchnotes von Veranstaltungen wie GOA Talks und fertigt Illustrationen an, wie etwa zum DINA-Projekt, um Bereiche des WorldWideWeb zu erklären:
Auch Comics eignen sich wunderbar, um Wissenschaft unterhaltsam zu verbreiten. Den Grundstein dafür legte vor 30 Jahren der US-Amerikaner Scott McCloud mit seinem Comic „Understanding Comics“ über das richtige Lesen von Comics. Inzwischen sind einige Themen aus der Wissenschaft in Comics zu finden, zu sehen etwa auf dem diesjährigen Münchner Comicfestival. Darüber, und dass die Wissenschaft dieses Medium für sich entdeckt hat, berichtet hier die tagesschau. Ein gelungener aktueller Comic über Künstliche Intelligenz etwa stammt von Dr. Julia Schneider aka Doc J Snyder und Lena Ziyal.
Den Lesenden zum Mitmachen animieren möchten Ausmalbücher wie das „The Infographic Energy Transition Colouring Book“ zur Energiewende, das mehrere Preise abräumte und schon Angela Merkel neugierig machte.
Forschung schafft es auch auf die Bühne; sei es auf Science Slams, die viele Institutionen seit Jahren regelmäßig veranstalten oder als Theaterstück wie „Das wunderbare Leben der Margot Heuman“ oder rockt im Rahmen eines Festivals wie auf dem Wissenschaftsfestival „Press Play“ (siehe Interview mit dem CAIS zum Wissenschaftsfestival Press Play). Für Kinder gibt es sogar ein Wissenschaftspuppentheater und mehr über „Wissenschaft für Kinder & Jugendliche“ gibt es hier im Grimme Lab.
Vorbildlich stellt solch kreative Formate die Plattform „wissenschaftskommunikation.de“ vor – ein Gemeinschaftsprojekt des NAWIK, der Wissenschaft im Dialog gGmbH sowie des Karlsruher Instituts für Technologie, auf dem wir diese Formate zum Großteil recherchiert haben. Dort sind viele weitere ungewöhnliche Beispiele für Wissenschaftskommunikation gelistet, wie etwa Botanische Gärten (Lernen in der Natur) oder Fuckup-Events (aus Fehler lernen).
Kreative Formate wie diese Beispiele versprühen Charme, machen starre Fakten lebendig und locken ein größeres Publikum an als langatmige Abhandlungen. Deshalb eignen sie sich perfekt als „Köder“, um Themen attraktiv zu machen oder Berührungsängste abzubauen. Hineintauchen in die Tiefe von Inhalten, feine Details und ein komplexes Zusammenspiel erkennen: Dafür sind weiterhin klassische Formate wie Bücher, Vorträge, Tagungen passend und wichtig. Der Austausch zwischen Forschenden und Gesellschaft, welche die Wissenschaft zum Großteil aus öffentlichen Geldern finanziert, ist Ziel der Wissenschaftskommunikation und gewinnt zunehmend an Bedeutung. So will das Bundesministerium für Bildung und Forschung diese stärken. Um mit Forschenden Ideen zu finden, wie Ergebnisse aus der Wissenschaft in die Gesellschaft gelangen, gibt es an der Universität zu Köln Transfer-Scouts.
Der Idee, Wissenschaft in die Öffentlichkeit zu bringen und Austausch, folgt auch das „Wissenschaftsforum zu Köln und Essen“, deren Themengruppen für alle Interessierten offen sind. Mitglieder der Themengruppe „Medien und demokratische Öffentlichkeiten“ haben mit dem Grimme-Forschungskolleg gemeinsame Projekte in Forschung und Wissenschaftsvermittlung, wie das Glossar Digitale Souveränität und die Reihe Fragmentierte Öffentlichkeit, dessen Podien vom WDR übertragen wurden und nachzuhören waren, als Podcasts.
Es geht also:
Wissenschaftskommunikation kann sehr lebendig und witzig sein. Immer mehr Forschende erkennen das und setzen ihre Talente dafür ein, ihre Ergebnisse in die Gesellschaft zu bringen.
Ein Beitrag von Monika Elias aus dem Bereich Grimme Forschung und unsere Expertin für Sketchnoting.