Liebe Leserin, lieber Leser,
es gibt so einiges, das wir nicht beeinflussen können. Dennoch ist es nie verkehrt, Pläne zu haben, und unser Plan für das Grimme Lab 2021 nimmt Gestalt an. Selbstverständlich ist er nicht in Stein gemeißelt, denn wir haben gute Erfahrungen damit gemacht, immer wieder aufs Neue einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen zu werfen und dann – mehr oder weniger spontan – darauf zu reagieren. Aber eines steht fest: Wir werden uns auch in diesem Jahr mit dem Thema „Rechtspopulismus“ befassen. Warum? Einfach weil es noch da ist. Weil Rechtspopulismus ein Problem ist für die Demokratie, für die Gesellschaft, für Menschen, die ausgegrenzt oder angegriffen werden, für die Presse, für Vertrauen, für das kommunikative Klima etc. etc. etc.
Auch wir haben vernommen, dass Fakten da an ihre Grenzen kommen, wo sie auf taube Ohren stoßen – auf Menschen, die nicht lediglich etwas nicht wissen, sondern etwas nicht wissen wollen oder das Gehörte als Lüge diffamieren. Dennoch zählen wir uns zur Gruppe derer, die stur verkünden: Fakten sind Fakten. Punktum. Ohne Alternative. Ohne Gruppenzugehörigkeit. Ohne Deutungsspielraum. Sonst wären sie keine Fakten. Und eigentlich – so müssen wir gestehen – gilt ja nun für Wahrheit genau das gleiche. Das Gegenteil von ihr ist die Lüge. Oder die Unwahrheit. Sollte doch ganz einfach sein, zwischen diesen Gegensätzen zu unterscheiden. Aber leider hat sich – wenn man sich umschaut – eine Art „Wahrheit für den Hausgebrauch“ entwickelt. Sätze wie „Das ist meine Wahrheit“, die früher vielleicht einmal nur lächerlich gewirkt hätten, verbreiten sich in den sozialen Medien. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, Wahrheit sei verhandelbar.
Diskurs ist Verhandlung. Gewisse Eckwerte stehen allerdings bei allem Respekt vor Meinungsfreiheit nicht zur Debatte: Wahrheit und Menschenrechte auf der positiven Seite. Verbreitung von Unwahrheiten und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit auf der negativen. Deshalb werden wir auch in diesem Jahr zusammentragen, was uns als konstruktiv und hilfreich, mahnend oder aufklärend zum Thema Rechtspopulismus und seinen vielen medialen Facetten auffällt. Wir werden das Gespräch suchen mit Menschen, die sich damit auseinandersetzen, sich wissenschaftlich oder didaktisch damit befassen, sich in Initiativen und Projekten engagieren, in Arbeitsgruppen strukturell zu einer Verbesserung beitragen wollen. Wir werden zeigen, auf welch vielfältige Weise das Thema von den Kolleginnen und Kollegen im Grimme-Institut behandelt wird.
Und mit ein wenig Glück werden wir im Herbst 2021 die Veranstaltung „Rechtspopulismus und die Verantwortung der Medien“ organisieren können, die pandemiebedingt im März des vergangenen Jahres ausfallen musste. Wir werden die Referentinnen und Referenten, die dafür zugesagt haben, hoffentlich zu einem großen Teil wieder gewinnen können und diese im Grimme Lab bereits im Vorfeld der Veranstaltung zu Wort kommen lassen: Wissenschaftlerinnen, Erwachsenenbildner, Personen aus der Politik und Zivilgesellschaft, Journalistinnen und Journalisten.
Bevor es in wenigen Tagen im Grimme Lab weitergeht mit einem Beitrag zu Mediennutzung und Medienvertrauen in Krisenzeiten, erläutern wir noch kurz unsere Vorgehensweise:
Selbstverständlich sind nicht alle Gegenstände, die wir im Jahresverlauf behandeln werden, deckungsgleich mit oder begrenzt auf den Rechtspopulismus als solchen. Da aber viele Phänomene – ob aktuell oder seit geraumer Zeit – in ihn hineinspielen, ihn bedingen, verschärfen oder gegen ihn anarbeiten, werden wir uns auch mit anverwandten Themen befassen: Rassismus, Hass und Hetze, Desinformation, Medienvertrauen, Erinnerungskultur, neuen Formen des Journalismus, Zivilgesellschaft, das Bemühen um Stärkung demokratischer Strukturen, Engagement der Jugend, Herausforderungen in Krisenzeiten und einiges andere mehr.
Wir würden gerne viel Vergnügen bei der Lektüre wünschen.
Aber das ist wohl nicht angebracht.