Die Veranstaltung „(Rechts-)Populismus, öffentliche Meinungsbildung und die gesellschaftliche Verantwortung der Medienschaffenden“, die am 28. Oktober 2019 in und mit der VHS Leipzig durchgeführt wurde, hatte sich viel vorgenommen: Der Begriff „Populismus“ sollte konturiert und seine Wechselwirkung mit Massenmedien beleuchtet werden. Es standen Medienlogiken und -effekte im Vordergrund – ganz im Sinne einer produktiven Medienkritik und damit in der Tradition des Grimme-Instituts.
Das (Wieder-)Erstarken des (Rechts-)Populismus stellt nicht nur bisherige Gewissheiten unserer politischen Kultur in Frage, immer wieder wird auch über die Verantwortung von Medienschaffenden in diesem Zusammenhang diskutiert: Wie können Journalistinnen derzeit noch kritisch neutral über Themen berichten, die von Rechtspopulist(inn)en besetzt werden? Welche Kriterien werden wo zu Grunde gelegt und wie tragfähig sind diese (noch)? Wie trennscharf sind überhaupt die Begrifflichkeiten? Und wo liegen die Grenzen gesellschaftlicher Verantwortung?
Die Veranstaltung richtete sich vor allem an Journalist(inn)en, Medienschaffende, an Erwachsenenbildner(innen) und andere Bildungsakteure, aber auch an politische Akteure und interessierte Bürger(innen). Ziel war es, herauszufinden, welchen Bedarf Medienschaffende und zivilgesellschaftliche Akteure sehen, um dem (Wieder-)Erstarken des (Rechts-)Populismus mit einer selbstbewussten demokratischen Kultur zu begegnen und wie geeignete Aufklärungs- und Bildungsmaßnahmen aussehen könnten.
Das Vormittagsprogramm richtete sich an die Fachöffentlichkeit und startete mit den Begrüßungen von Dr. Skadi Jennicke, der Kulturbürgermeisterin der Stadt Leipzig, und von Dr. Frauke Gerlach, der Direktorin des Grimme-Instituts. Zur Einstimmung auf die Diskussion gab es zwei Impulsvorträge aus der Wissenschaft: Prof. Dr. Kai Hafez von der Universität Erfurt (sein Vortrag ist hier zu finden) und Prof. Dr. Monika Schwarz-Friesel von der TU Berlin (ein Artikel zu ihrer Arbeit ist bei Deutschlandfunk Kultur nachzulesen) stellten wissenschaftliche Aspekte und Ergebnisse zu Populismus und Kommunikationsstrukturen sowie Framing und Antisemitismus vor. Im Anschluss folgte ein Werkstattgespräch mit Fishbowl-Elementen. In einer von Anja Würzberg (NDR) moderierten Expert(inn)enrunde diskutierten unter anderen:
- Medienschaffende wie die Filmemacher Jana Merkel (MDR) und Michael Richter (NDR), die die Reportage „Am rechten Rand“ gemacht haben,
- Axel Hemmerling (MDR),
- Isabel Schayani (WDR),
- der freie Journalist Arndt Ginzel,
- Akteure sowie Medienschaffende, die sich über ihre Arbeit hinaus in Projekten und Initiativen organisieren wie
- Nhi Le (Neue deutsche Medienmacher),
- Karolin Schwarz (Hoaxmap),
- David Begrich (Miteinander e. V.) (hier ein Interview im Deutschlandfunk Kultur)
- Lutz Kinkel (European Centre for Press and Media Freedom)
Es ging unter anderem um Formen rechtspopulistischer Rhetorik, um die Herausforderung, der sich Medienschaffende stellen müssen, um einen adäquaten Umgang zu diesen Themen zu finden, insbesondere auch im Angesicht des teils erheblichen ökonomischen Drucks, den sie aushalten müssen, aber auch um die – gerade im Online-Bereich – vorfindbaren Sprachlogiken rechtspopulistischer Äußerungen bis hin zu Hass und Hetze. Selbstkritisch wurde im Anschluss über eine Krise der journalistischen Darstellungsformen und über die Zwänge der alltäglichen Arbeit Medienschaffender diskutiert .
Die WDR-Journalistin Isabel Schayani twitterte:
Der zweite Teil richtete sich (auch) an die allgemeine, interessierte Öffentlichkeit und diskutierte anhand ausgezeichneter Produktionen – etwa der in diesem Jahr mit dem Grimme-Preis prämierten Reportage „Am rechten Rand“ sowie „Deutschland spricht“ (Gewinner des Grimme Online Award 2018) und „Hoaxmap“ (nominiert für den Grimme Online Award 2016) –, wie ein journalistischer bzw. zivilgesellschaftlicher Umgang aussehen könnte. Im Anschluss sprachen die Filmemacher(innen) Jana Merkel und Michael Richter, die Entwicklerin der „Hoaxmap“ Karolin Schwarz sowie Dr. Leif Kramp, Mitglied der Nominierungskommission des Grimme Online Award, über ihre Erfahrungen und beantworteten Fragen aus dem Publikum. Für die Moderation konnte Isabel Schayani gewonnen werden, die 2019 für ihre „besondere journalistische Leistung“ einen Grimme-Preis erhielt.
Die Veranstaltung am 28. Oktober war auch der Auftakt für weitere Veranstaltungen dieser Art, die – durch die vorliegenden Ergebnisse ergänzt, aber mit ähnlicher inhaltlicher Ausrichtung – geplant sind. Ein weiterer Termin steht bereits fest: Voraussichtlich am 13. März 2020 wird es in Dortmund noch einmal um „(Rechts-)Populismus, öffentliche Meinungsbildung und die gesellschaftliche Verantwortung der Medienschaffenden“ gehen.