Die Presse als unverzichtbare Säule in einem demokratischen Staat muss permanent versuchen, den Kopf über Wasser zu halten. Sie verteidigt sich gegen „Lügenpresse“-Vorwürfe aus tendenziell undemokratischen Richtungen, kämpft aber auch gegen wirtschaftliche Einschränkungen, die die Qualität ihrer Arbeit beeinträchtigen können – und schwarze Schafe veröffentlichen ungeprüfte oder die Sensationslust fütternde Meldungen ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen. Probleme wie diese haben wir bereits im „Kon-Text: Vertrauenskrise der Medien?“ skizziert.
Faktenchecker
Einige große Verlage und Sender haben mit verschiedenen Maßnahmen auf – begründete und weniger begründete – Vorwürfe reagiert, um so zu beweisen, dass ihnen das Vertrauen der Leser(innen) und Zuschauer(innen) wichtig ist. Dem Vorwurf der „Lügenpresse“, die nur Fake News produziert, um unehrenhafte Ziele zu verfolgen, sowie der Flut an kaum noch einzuschätzenden Meldungen und Behauptungen in den Sozialen Medien wird mit Rubriken wie dem „faktenfinder“ der Tagesschau oder dem Faktenfuchs des Bayerischen Rundfunks entgegengewirkt. Die ARD-Talkshow „hart aber fair“ veröffentlicht nach den Sendungen eine Faktenüberprüfung der geäußerten Aussagen der Gäste.
Das gemeinnützige Recherche-Kollektiv von Correctiv, dessen selbstgestellte Hauptaufgabe es ist, zu wenig beachtete, aber dennoch wichtige Themen zu recherchieren und zu verbreiten, bietet mit „Echtjetzt“ einen Dienst, der ebenfalls dazu beitragen soll, Falschmeldungen zu entlarven oder Hintergründe zu erläutern.
Auch maschinell tut sich einiges. Zunehmende Aufmerksamkeit erhalten Tools, mithilfe derer die tägliche journalistische Arbeit erleichtert werden soll. Die Browser-Erweiterung FactFox, unter anderem ebenfalls von Mitarbeitern des Bayerischen Rundfunk entwickelt, soll Redakteuren helfen, Kommentare, die bereits massenhaft und emotional aufgeladen durch die Sozialen Medien gewandert sind, dennoch untendenziös aufzugreifen und zu beantworten. Wie der FactFox entstanden ist und welche Gefahren drohen, wenn man „Propagandisten das Internet“ überlässt, kann man hier nachlesen.
wafana, gefördert vom Media Lab Bayern, ist nach eigener Aussage „die erste digitale Fact-Checking-Agentur im deutschsprachigen Raum, die Journalisten Fortbildungen zur Verifikation von Online-Inhalten anbietet“. Die Betreiber haben im Herbst 2016 nach einer Befragung von Redakteurinnen und Redakteuren aus ganz unterschiedlichen Mediensparten festgestellt, dass der Wunsch nach Offenlegung von Falschnachrichten groß, das Wissen um Methoden und Tools aber klein ist. Diesem Missverhältnis wirken sie mit Schulungen entgegen.
Truly Media ist eine kollaborative „Verification Platform“, die Journalistinnen und Journalisten digitale Tools zur Prüfung von Quellen und Verifizierung von Fakten anbietet. Vorgestellt wurde Truly Media während der „Annual Lecture“ des „Science and Technology Options Assessment“-Komitees (Ausschuss des Europaparlamentes für Wissenschaft und Technikfolgenabschätzung).
Benutzt wird der kostenpflichtige Dienst bereits von Amnesty International, aber auch von Tagesschau, MDR, dpa und anderen. Entwickelt wurde die Plattform von ATC iLab mit DW Innovation, finanziell gefördert von der Digital News Initiative von Google. Diese Google-Initiative ist eine Partnerschaft zwischen Google und europäischen Medienhäusern mit dem Ziel, die (Weiter-)Entwicklung von qualitativ hochwertigem Journalismus mithilfe von Technologie zu unterstützen.
Einen Überblick über (hauptsächlich US-amerikanische) maschinelle Faktenchecker gibt ein Beitrag des Deutschlandfunks: So kann man etwa mit dem „Claimbuster“ den Wahrheitsgehalt von Aussagen der US-amerikanischen Wahlkampfdebatten (2016) prüfen. Einzelne Sätze der Kontrahenten können von den Nutzern markiert werden, die dann einen Überblick über die Fakten sowie eine Beurteilung als „wahr“ oder „falsch“ erhalten.
Die Faktendatenbank „Share the Facts“ wurde im Duke Reporters‘ Lab der Duke University / North Carolina entwickelt und wird unter anderem von der Washington Post eingesetzt. Unter dem Namen „The Pinocchio Test“ werden Aussagen von Dritten in Artikeln überprüft und anschließend bewertet. Dieser Beispielartikel etwa erhielt drei Pinocchios.
Die automatisierte Überprüfung anhand immer schneller wachsender Datenmengen und entsprechender Algorithmen zur Auswertung wird immer besser, birgt jedoch auch Risiken. Die menschliche Bandbreite der Kommunikation können sie nicht berücksichtigen. So können Fragen zum gleichen Thema, die in der bloßen Formulierung voneinander abweichen, zu fundamental unterschiedlichen Antworten führen.
Der renommierte Journalist und Kritiker Jeff Jarvis widmet sich in seiner Buzz Machine ebenfalls immer wieder dem Zustand der Medien, fordert Transparenz und warnt vor der Manipulationskraft von öffentlichen Lügen.
Beispiele für „menschliches“ Fact-Checking gibt es in den USA selbstverständlich auch: Eins der ältesten amerikanischen Projekte ist Snopes, gegründet 1995 und ursprünglich der Erklärung und Entmystifizierung von Urban Legends gewidmet. Immer noch befasst sich ein großer Teil der Erläuterungen mit mehr oder weniger absurden Behauptungen oder Verschwörungstheorien; da diese aber mittlerweile ein unleugbarer Bestandteil der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung zu sein scheinen, überlagern sich diese Inhalte zusehends.
Immer wieder als vorbildlich genannt werden die Washington Post, die Website FactCheck.org des Annenberg Public Policy Center (Annenberg School for Communication / University of Pennsylvania) und der Pulitzer-Preisträger PolitiFact, betrieben von Redakteuren und Reportern der Tampa Bay Times.
Ein kollaboratives Google-Dokument namens „‚Alternative Facts‘: how do you cover powerful people who lie?“ hat ein Team aus Forschern und Journalisten, in dem unter anderem der ehemalige Chef des britischen „Guardian“, Alan Rusbridger, mitgewirkt hat, im Januar 2017 auf der Website des Nachrichtendienstes Reuters veröffentlicht. Dieses ist sicherlich auch als Reaktion auf die Wahl des aktuellen US-Präsidenten zu verstehen, beziehungsweise auf die mit dem Einzug seines Presse-Teams neu ins Rennen gebrachten „alternativen“ Fakten.
Einen aktuellen Fall einer Fabrikation von Falschnachrichten kann man in einem Artikel des britischen „Guardian“ nachlesen. In diesem geht es um den gesteuerten Versuch verschiedener Parteien, die sogenannten White Helmets (den syrischen Zivilschutz) zu diskreditieren. Der ausführliche Beitrag zeichnet den Weg nach und benennt identifizierbare Quellen.
„Fil Menczer, a computer science professor at Indiana University, has developed a tool called Hoaxy to chart the spread of misinformation online. Searching for the ‚White Helmets‘ reveals a handful of sources generated hundreds of stories about the organisation. ‚It’s like a factory,‘ he said.“ (Bericht von Olvia Solon zum Fall der White Helmets)
Journalistische Qualität
Über die Aufklärung von Fake News hinaus gibt es diverse Initiativen, die sich der Verbesserung journalistischer Standards, dem auch von Dritten nachvollziehbaren Wahrheitsgehalt und der Offenlegung von Quellen, der Neutralität und Ausgewogenheit sowie neuen Methoden der journalistischen Vermittlung und Wiederherstellung von Vertrauen verpflichten.
Freischreiber, der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, hat den sogenannten Code of Fairness veröffentlicht. Zu den zehn Kriterien, die diesen Code ausmachen, haben sich bereits die Redaktionen von Krautreporter, der ZEIT und des Freitag bekannt. Unter den Verpflichtungen finden sich neben Forderungen, mit freien Journalistinnen und Journalisten fair und angemessen umzugehen, auch die, „dass … weder zu offener noch zu verdeckter PR“ aufgefordert wird und dass „Beiträge weder tendenziös noch wirklichkeitsverzerrend“ bearbeitet werden.
Auch First Draft kümmert sich um das Phänomen der Fake News und hat eine Übersicht mit dem Titel „5 verräterische Anzeichen für Online-Falschmeldungen“ veröffentlicht.
Weiter geht die Initiative First Draft, in der sich verschiedene Medien zusammengeschlossen haben, darunter unter anderem die ARD, BBC, Euronews und ABC. Das Selbstverständnis der Initiative: „First Draft sieht es als seine Aufgabe an, die in der Berichterstattung verwendeten und für den Austausch von online erscheinenden Informationen relevanten Kompetenzen und Standards zu verbessern.“ Zu diesem Zweck werden Leitlinien entwickelt, die sowohl praktische Aspekte der journalistischen Arbeit wie auch ethische Fragen berühren. Sie sollen unter anderem erklären, „wie man aus dem Social Web stammende Inhalte finden, prüfen und veröffentlichen kann“.
Neben Tools und Kursen zur Daten- und Informationsverifizierung findet man bei First Draft auch Artikel zu „guten“ oder alternativen Journalismus-Ansätzen, wie etwa den zur sinnvollen Einbindung von Augenzeugen.
Ein „glaubwürdiges Qualitäts-Radio“ ist das Ziel, das im Tutzinger Appell formuliert und mit der Initiative FAIR Radio befördert werden soll. Diese Initiative wirbt bei Kolleginnen und Kollegen des privaten und öffentlich-rechtlichen Rundfunks um die Unterstützung unter anderem folgender Leitlinien:
1. Recherche muss vor Schnelligkeit gehen.
2. Es wird nichts vorgegaukelt, was nicht tatsächlich so ist.
3. Was nicht wirklich live ist, wird auch nicht als live verkauft.
4. PR-Beiträge gehören in den Werbeblock und nicht ins redaktionelle Programm.
Ein angeschlossener Blog illustriert das Anliegen mit guten und vor allem schlechten Beispielen.
Neue Ansätze
In Deutschland zählten mehrere Initiativen, die sich der journalistischen Qualität widmen beziehungsweise nach neuen Wegen der guten Berichterstattung suchen, zu den Nominierten und Preisträgern des Grimme Online Award.
Die Resi App bietet Nachrichten im Chatformat. Der Nutzer wird persönlich adressiert und kann anhand vorgefertigter Antwortoptionen entscheiden, wie sehr er thematisch in die Tiefe gehen will – Hintergrundinformation nach Bedarf inklusive. Aus der Jurybegründung des #GOA:
„Die Resi-App verpackt die Nachrichten in zielgruppengerechte Dialoge, die bei den Nutzern ankommen – und auf Quellen in unterschiedlichen Medien verweisen. Das Tempo und die Qualität des Startups hält mit den großen Redaktionen von Verlagen oder öffentlich-rechtlichen Sendern mit. So werden auch Nutzer erreicht, die nicht ständig viele Nachrichtenwebsites checken – und für die das Smartphone die wichtigste Informationsquelle ist.“
Auf piqd kuratieren Experten die besten Artikel zu ihren jeweiligen Fachgebieten. Unter dem Motto „handverlesenswert“ filtern – so die Selbstbeschreibung – „kluge Köpfe … für dich relevante Beiträge aus dem Netz“. Diese klugen Köpfe sind mehr als 140 Kuratorinnen und Kuratoren, die aus der Fülle der täglichen Berichterstattung diejenigen Artikel und Reportagen auswählen, die sie für besonders empfehlenswert halten. Sie versehen ihre Auswahl mit einer Einführung und einer Zusammenfassung und veröffentlichen diese in einem der 18 Kanäle, die zur Wahl stehen: von Europa, Flucht und Einwanderung sowie Klima und Wandel über Literatenfunk und Pop und Kultur hin zu Zukunft und Arbeit.
Das Interaktivteam der Berliner Morgenpost steht hier stellvertretend für alle Anbieter von Datenjournalismus. Bei diesem geht es darum, aus einer Fülle vorhandener Daten, die für den durchschnittlichen Leser zu schwer oder zu zeitaufwendig zu deuten und entschlüsseln sind, ansprechende und gut verständliche Grafiken und Texte zu machen, die die Ernsthaftigkeit der jeweiligen Recherche zu Themen untermauern. Eine solche Geschichte ist hier nachzulesen.
„Das sechsköpfige Interaktiv-Team der Berliner Morgenpost experimentiert mit immer neuen Darstellungs- und Erzählformen. So demonstrieren sie, wie sich auch aus Statistiken und Zahlen Geschichten erzählen und neue Perspektiven auf die Umgebung gewinnen lassen.“
Im Kandidatencheck des WDR stellten sich – anlässlich der NRW-Landtagswahl 2017 – fast 1.000 der 1.300 Kandidaten in je vier Minuten Videointerview vor. Durch ihre Antworten auf die immer gleichen Fragen konnten sich die Nutzer in Eigenregie ein authentisches Bild verschaffen. Ihre Auswahl konnten sie durch die Zuordnung zu Parteien, aber auch etwa durch die Eingrenzung auf bestimmte Altersgruppen selbst steuern. Der Check wurde für die Bundestagswahl 2017 neu aufgelegt.
Gestaltung und ihre Wirkung
Die Gestaltung journalistischer Beiträge mit unterschiedlichen audio-visuellen Formaten trägt ebenfalls dazu bei, die Aufmerksamkeit der Leser zu fesseln. Durch die Einbettung von Videoimpressionen, Audiointerviews und interaktiven Elementen etwa im sogenannten Transmedia Storytelling tauchen sie wesentlich tiefer in etwas ein, was als „Geschichte“ wahrgenommen wird – im Unterschied zum bloßen Zurkenntnisnehmen von Daten und Fakten. Ein frühes, aber unverändert eindrucksvolles Beispiel ist „Firestorm“ des britischen „Guardian“.
Einen Überblick über die Möglichkeiten der 360°-Reportage bietet die Initiative „Journalism 360“. Und die Beschreibung eines 360°-Workshops, den wir im Rahmen des Global Media Forum 2017 durchgeführt haben, findet man hier – inklusive Kommentaren zur Nutzung und zu den Ergebnisfilmen der Teilnehmer(innen).
Während Virtual Reality immer noch erhebliche Expertise und eine aufwendige Technikausstattung und -umsetzung erfordert, ist die Gestaltung von 360°-Beiträgen für einen wesentlich größeren Kreis machbar geworden. Die zunehmende Vereinfachung der Handhabung und sinkende Preise von Hard- und Software haben die journalistische Nutzung von 360°-Filmen aus den großen Studios hinaus auch in kleinere Redaktionen geführt.
„Es gibt Ecken im Kölner Dom, die konnte nur der liebe Gott sehen. Bis jetzt. Denn nun kann jeder, der zu seiner Ausrüstung ein Smartphone, einen Computer oder am besten eine VR-Brille zählt, eine virtuelle Reise dorthin unternehmen.“
(Aus der Jurybegründung des #GOA.)
Ein dem High End zuzuordnendes Beispiel ist ebenfalls ein Preisträger des Grimme Online Award 2017 gewesen: der Kölner Dom in VR und 360°.
Während dieses Beispiel „lediglich“ prächtig anzusehen ist, nutzen andere journalistische Beiträge das Prinzip der Immersion, um den Nutzern die Lebenswirklichkeit der von ihnen dokumentierten Geschehnisse näherzubringen.
Immersion im Storytelling heißt, den Nutzer in die Geschichte eintauchen zu lassen. Dies resultiert aus medialen Elementen, die ihn in das Geschehen hineinziehen und ihn in seiner Wahrnehmung Teil seiner Umgebung werden lassen. In dem Moment, in dem er nicht mehr am Rand steht oder gar über dem schwebt, was sich vor seinen Augen abspielt, sondern mittendrin, verstärkt sich der Eindruck, eine aktive(re) Rolle innezuhaben. Im Fall von VR und 360° entscheidet der Nutzer selbst über seinen Blickwinkel und somit darüber, welche Elemente der Gesamtgeschichte für ihn hervorgehoben werden. Und in VR-Umgebungen entscheidet er zusätzlich darüber, welche Wege er in der simulierten Wirklichkeit einschlägt.
Ein eindringliches Beispiel für das Gefühl, mittendrin zu sein, zeigt das Beitrag der New York Times „Fight for Falluja“.
Interessant für Journalisten sind solche Formen der Darstellung nicht nur deshalb, weil sie ansprechend wirken und Nutzer(innen) in ihren Bann ziehen. Sie setzen dadurch auch auf das Prinzip der Transparenz: Wenn ich mich einmal um mich selbst drehen kann, sehe ich das, was geschieht, ohne Filter und ohne Bildausschnitt – das Maß an Manipulationsmöglichkeiten durch denjenigen, der entscheidet, was ich zu sehen bekomme, wird geringer.
Bürgerjournalisten und Aktivisten – zwischen Aufklärung und Engagement
Die Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern an journalistischer (Online-)Berichterstattung beschränkt sich keinesfalls auf die – ob konstruktive oder destruktive – Formulierung von Kommentaren zu den Artikeln der Profis. Bürgerjournalisten kümmern sich als Individuum oder in Gruppen um die Recherche und Aufbereitung von Themen ihrer Wahl, um so einen Beitrag zur unabhängigen Berichterstattung zu leisten, Alternativen zur Mainstreaminformation zu liefern und sich um aus ihrer Sicht vernachlässigte gesellschaftliche Themen zu kümmern. Sie stellen keine Alternative zum professionellen Medienschaffen dar (besonders weil die meisten Bürgerjournalisten entweder bereits Medienvorerfahrungen haben oder sich im Laufe ihrer Tätigkeit selbst professionalisieren), können aber eine bereichernde Ergänzung zur schwindenden Medienvielfalt sein, wie ein Beitrag des Europäischen Journalismus-Observatoriums schildert.
Wenn die Veröffentlichung bewusst zur Einmischung und Kommentierung des gesellschaftlichen Geschehens genutzt wird, ist man bei den Aktivisten angekommen:
Franziska von Kempis veröffentlicht als „Besorgte Bürgerin“ ihre Videos zu Themen wie Hass im Netz, Populismus und Verschwörungstheorien – als ihren persönlichen Beitrag zur gesellschaftlichen Debatte.
Ebenfalls einer Variante von Gerüchten – den Verschwörungstheorien – widmet sich Giulia Silberberger als Gründerin des Goldenen Aluhuts. Mit ihrem Team möchte sie Aufklärung und Hilfe im Umgang mit eben diesen Theorien, „Sekten, ideologischem Missbrauch, Sekten und Extremismus“ bieten, und dies in Themenkomplexen wie Homöopathie, flache Erde, Chemtrails, BRD-GmbH und anderen mehr.
Bereits 2016 reagierten die Betreiber der Hoaxmap auf die Fülle an Gerüchten, die über Asylsuchende in die Welt gesetzt wurden. Auf ihrer interaktiven Karte sind mit Stand Januar 2018 mehr als 480 dieser Gerüchte genannt, geografisch verortet – und widerlegt.
„Die ermutigende Botschaft“ von #ichbinhier, so die Jurybegründung von #GOA 2017: „Du bist nicht allein – wir sind viele. So erleben wir eine digitale Selbstermächtigung der Zivilgesellschaft, die mit der Macht der Masse gezielt aus dem Ruder gelaufene Diskussionen übernimmt und in einen geordneten Diskurs überführt.“ (Aus der #GOA 2017-Jurybegründung.)
#ichbinhier geht einen anderen Weg: die geschlossene Facebook-Gruppe mit über (Stand 2017) 35.000 Mitgliedern verfasst selbst keine journalistisch gemeinten Beiträge zur Aufklärung, sondern bemüht sich durch die Reaktion auf Kommentare Dritter, zu einer konstruktiveren öffentlichen Debattenkultur beizutragen. Die Mitglieder setzen hasserfüllten Kommentaren in den sozialen Medien ihre eigenen sachlichen Repliken entgegen und zeichnen mit ihrem Hashtag, der durch weiteres Liken große Kreise ziehen kann.
Fazit
Viele professionelle Medienschaffende nehmen sowohl berechtigte als auch unberechtigte Kritik an „der Presse“ ernst und reagieren mit einer Fülle an Maßnahmen: Falschmeldungen werden berichtigt, bewusst eingesetzte Fake News enttarnt und die entsprechenden Tools dafür bekannter gemacht. Journalistische Standards werden debattiert und gegebenenfalls verschärft oder erneuert. Neue Formate werden ausprobiert, um das Publikum (wieder) zu binden oder zu verdeutlichen, wie ernst es den Journalisten mit Transparenz ist. Und auch aus den Reihen der Nicht-Professionellen kommen Beiträge, die zur unabhängigen Berichterstattung beitragen, die Vielfalt der behandelten Themen vergrößern oder Kommentare zur gesellschaftlichen Debatte beisteuern oder einordnen.