In allen Teilen der Erde versuchen Unternehmen, internationale Einrichtungen, NGOs, Kulturinitiativen, Wissenschaftler(innen) und Einzelpersonen, die Rolle der Frauen in, mit und für Medien zu untersuchen, zu intensivieren und für Veränderung und Vielfalt zu stärken.
Im internationalen Kontext arbeiten Organisationen unter anderem daran, das Bild der Frau in den Medien zu diversifizieren. Sie wollen die Wahrnehmung von Frauen gesellschaftlich erweitern, um durch die abgebildete Wirklichkeit die tatsächliche Wirklichkeit positiv zu beeinflussen und so Frauen den öffentlichen Raum zuzuweisen, der ihnen zusteht. Um dieses Ziel zu erreichen, sind folgerichtig die entsprechenden beruflichen Möglichkeiten für professionelle weibliche Medienschaffende vonnöten.
Neben zahlreichen internationalen und transnationalen Zusammenschlüssen von professionellen Medienfrauen, etwa im erweiterten journalistischen Bereich, gibt es verstärkte Bestrebungen, Mädchen und Frauen durch die Vermittlung von Programmierkenntnissen größere berufliche (ökonomische) Chancen sowie einen besseren gesellschaftlichen Stand zu ermöglichen. Deshalb liegt ein Schwerpunkt dieses Kapitels auf „Frauen und Code“.
Frauen in den Medien – die Vereinten Nationen…
Die „UN Women“ sind auf der obersten internationalen Ebene, den Vereinten Nationen, angesiedelt. Dieses Organ der UN gibt es seit 2010; es soll Gleichstellung und Empowerment vorantreiben.
Auch die Studie des Geena Davies Institute, die für das Kapitel „Frauenbilder in den Medien“ ausführlich herangezogen wurde, entstand mit Unterstützung der UN Women.
Die Rolle der Medien ist nach dem Selbstverständnis der UN Women von großer Relevanz für ihre Ziele, weil sie potentiell so mächtige Informationskanäle in der Gesellschaft sind: Ihre Botschaften können soziale Sitten und Verhalten verändern oder verstärken und sie können Bürger(innen) zur Tat mobilisieren.
Obwohl, so heißt es weiter, Medien nach Sorgfalt und Unparteilichkeit streben sollten, existieren in der Realität Ungleichgewichte in der Darstellung. Dieses gelte auch für die Perspektiven von Frauen – und für die Abbildung etwa von Politikerinnen:
“Women politicians, for example, may be under-represented in news before and after elections. There can be a strong preoccupation with women as mainly victims or celebrities.”
UN Women sucht deshalb nach Möglichkeiten, in den Medien ein Bewusstsein für Geschlechtergleichheit zu schaffen, mit Materialien und Workshops, um – so das erklärte Ziel – Medienschaffende dazu zu bringen, gender-sensibel zu berichten, also eine ausgewogene Darstellung der Geschlechter anzustreben.
Eine mit dem International Institute for Democracy and Electoral Assistance verfasste Studie hat zu diesem Zweck die Berichterstattung über weibliche und männliche Kandidaten bei Wahlen in fünf lateinamerikanischen Ländern untersucht. Aus dieser Studie wiederum entstand eine Handreichung, die helfen soll, die Berichterstattung über Wahlen ausgewogener zu machen.
Die UN Women werden von nationalen Komitees in 15 Ländern unterstützt. Über die Arbeit des deutschen Komitees kann man sich hier informieren.
… und die UNESCO
Die UNESCO initiiert bzw. beteiligt sich an einer Reihe von Initiativen, Programmen und Projekten, die sich mit Aspekten der Geschlechtergleichheit oder der gerechten Teilhabe befassen, darunter viele, die den Fokus auf Medien und Informationszugang setzen. Zu den Zielen der UNESCO gehört im Kontext von „Kommunikation und Information“, universellen Zugang und den Erhalt von Information und Wissen zu ermöglichen. In ihrem Programm für die Jahre 2016 / 2017 hat die UNESCO eine sogenannte „Main Line of Action“, ein Hauptziel, definiert:
„Promoting an enabling environment for freedom of expression, press freedom and journalistic safety, facilitating pluralism and participation in media, and supporting sustainable and independent media institutions.” (Seite 194)
Christiane Amanpour / CNN: Statement zu „Women make the News 2016“
Zur Vielfalt in den Medien gehört die angemessene Abbildung und Einbeziehung von Frauen sowohl in ihren verschiedenen Rollen als auch als Medienproduzentinnen. Diese Vielfalt förderte die Initiative „Women Make the News”.
In Zusammenarbeit mit der “Global Alliance on Media and Gender” und unter dem Motto “Gender Equality in the Media is Sustainable Development” hat die Initiative im Jahr 2016 unter anderem daran gearbeitet, weibliche Quellen, die in den Nachrichten als Experten befragt werden, um mindestens 30 Prozent zu erhöhen.
„Women Make the News“ aus Thailand:
Außerdem wurden Unternehmen und Organisationen im Rahmen der „Women on the Homepage Initiative“ eingeladen, Profile von Frauen auf ihrer Startseite zu veröffentlichen. Journalisten und Herausgeber wurden aufgefordert, Journalistinnen und Reporterinnen für einen Zeitraum im Frühjahr 2016 die redaktionelle Verantwortung zu übertragen. Im Rahmen der Initiative ist eine Reihe von kurzen Filmbeiträgen entstanden, von denen unter den Suchbegriffen „women make the news“ einige bei YouTube zu finden sind.
Frauen und Code
Pressemeldungen über Karlie Kloss, ein US-amerikanisches Model, drehten sich in den Jahren 2015 und 2016 nicht ausschließlich um Auftritte bei Modenschauen oder besonders gelungene Titelbilder.
Karlie Kloss stellt das Programm „Kode with Klossy“ vor.
Unter dem Titel „Kode with Klossy“ hatte sie Programmier-Stipendien für Mädchen sowie die Teilnahme an Programmier-Sommercamps ausgeschrieben. In Zusammenarbeit mit der auf Webinhalte & Co. ausgerichteten Weiterbildungseinrichtung Flatiron School, der Initiative Code.org und weiteren Partnern konnten sich 80 Mädchen für jeweils zweiwöchige Kurse bewerben, in denen sie lernten, eine erste eigene App zu programmieren.
Zu ihrer Motivation, diese Kurse zu ermöglichen, sagt Karlie Kloss:
„As technology changes the way our world operates, tech companies will have more influence on our lives — it’s important that women are part of that equation.”
Selbstverständlich ist dies nur ein kleines Beispiel für Programme, die sich explizit um das Thema „Frauen & Programmieren“ kümmern. Durch die Verbindung mit einer prominenten Frau, die in ihrem Beruf für ein eher traditionelles Frauenbild steht, erreicht es allerdings eine größere mediale Streuung – besonders, wenn ein Topmodel von seiner Begeisterung über die erste selbst programmierte App berichtet. Ein Blick auf die Partner von „Kode with Klossy“ zeigt, dass auch über öffentlichkeitswirksame Aktionen hinaus daran gearbeitet wird, mehr Frauen für das Programmieren zu gewinnen.
Die Non-Profit-Organisation Code.org ist eine Initiative, die in den Vereinigten Staaten den Zugang zur Informatik und besonders zum Programmieren unterstützen will.
Über das eigene Kursangebot hinaus ist der Gründer von Code.org, Hadi Partovi, politisch aktiv, um den Frauenanteil im Programmierbereich zu steigern: „In June 2015, Washington State passed House Bill 1813 in part due to Code.org and Partovi’s efforts, which intends to increase the number of minority women in advanced high school computer classes.“ (Bei Wikipedia genannte Quelle: Geekwire)
Sie wirbt für Computer- und Programmierunterricht in staatlichen Schulen und bietet auch für andere Zielgruppen Online-Programmierkurse an. Zu diesem Zweck wurden Lehrpläne für Programmierunterricht entwickelt, Online-Lehrmethoden und Online-Lehrer sowie Lernmaterial zur Verfügung gestellt.
2013 wurde die Initiative gegründet, 2015 hatten bereits mehr als 6 Millionen Schüler durch die neuen Lehrpläne ermöglichten Unterricht. Auf ihrer Website verweist die Organisation darauf, dass an den Online-Kursen nicht nur 48 Prozent „unterrepräsentierte Minderheiten“, sondern auch 47 Prozent Frauen teilnehmen.
Die Flatiron School hat ein eigenes Stipendienprogramm unter dem Namen Women Take Tech aufgesetzt. Mit diesem Programm soll im Digitalbereich zu einer angemesseneren Präsenz von Frauen, die Inhalte produzieren, beigetragen werden.
Code Made in Africa…
Auf dem afrikanischen Kontinent gibt es eine ganze Reihe von Initiativen, mit denen Mädchen und jungen Frauen Programmierkenntnisse mit dem Ziel besserer beruflicher Perspektiven und Emanzipation vermittelt werden sollen.
Vorstellung des Programms „She Will Connect“
Im Jahr 2013 veröffentlichte die Intel Corporation einen Report zur Kluft zwischen Männern und Frauen bezüglich des Internetzugangs in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen (in Kooperation mit dem U.S. Department of State Office of Global Women’s Issues, World Pulse und den UN Women). Hieraus entstand im Jahr 2014 das Programm „She Will Connect“, um diesen Internet Gender Gap global – und besonders in afrikanischen Staaten südlich der Sahara – zu verkleinern.
Aus diesem Programm wiederum entstand die „Women and the Web Alliance“, mit den Partnern U.S. Agency for International Development (USAID), Intel, Internews, NetHope, World Pulse, World Vision und den bereits oben genannten UN Women, das anlässlich des U.S.-Africa Leaders Summit 2014 im Weißen Haus angekündigt wurde.
In Kenia und Nigeria werden durch dieses Netzwerk mehr als 600.000 Mädchen und Frauen zwischen 15 und 25 in vier Schritten mit dem Internet vertraut gemacht: Medienkompetenzvermittlung (Digital Literacy) soll die soziokulturellen Barrieren entfernen, die Mädchen und Frauen vom Zugang zum Internet abhalten; relevante Inhalte sollen das Interesse von Mädchen und Frauen am Internet unterstützen und sie darin bestärken, seine Langzeitvorteile zu erkennen; sie sollen wirtschaftlich teilhaben können, wenn ihre Produktivität steigt und ihnen Bildungs- und Berufsmöglichkeiten offenstehen; soziale Online-Netzwerke sollen ihnen dabei helfen, Herausforderungen in ihrem Umfeld zu bewältigen.
In Nigeria sind darüber hinaus verschiedene Projekte bei WITIN – Women in Technology in Nigeria – versammelt, unter anderem „Girls in ICT Projects“. WITIN wiederum ist beratender Partner in der Initiative „Women and the Web Alliance“.
Ein Beispiel für eine Initiative in Ghana ist die von Regina Honu. Sie ist CEO der Softwarefirma Soronko Solutions. Diese Firma ist unterteilt in einen Profitbereich, der technische Lösungen für kleinere und mittelständische Unternehmen entwickelt, und einen Non-Profit-Bereich, der als Soronko Foundation Kenntnisse vermittelt. „Tech Needs Girls“ ist eine der Initiativen der Soronko Foundation.
An diesem Mentorenprogramm nehmen derzeit über 2000 Mädchen teil, die von 15 Mentorinnen und Mentoren aus den Bereichen der Informatik und des Ingenieurwesens das Programmieren erlernen. Eindrücke von den Workshops und anderen Events sind hier zu sehen.
„We are currently working with girls from the slum and ensuring that each girl gets to go to university instead of being forced into early marriage.“ (Tech Needs Girls)
Den Stand der Dinge im Projekt sowie die übergeordnete Soronko Academy beschreibt die Gründerin der Initiative, Regina Honu, hier. (Beitrag in englischer Sprache.)
UN Women & Code
Die oben genannten UN Women sind ebenfalls in diesem Kontext tätig, allerdings setzt ihr Programm „Spring Forward for Women“ den Fokus auf arabische Staaten: Ägypten, Jordanien, Libyen, Palästina und Tunesien. Generell dreht sich die Arbeit des EU-geförderten Programms darum, Politik zu beraten, (Frauen-)Interessen zu vertreten, Wissen zu vermitteln und Partnerschaften aufzubauen. Daneben gibt es aber auch ganz praktische Maßnahmen, Frauen zu unterstützen und ihnen neue Tätigkeitsfelder zu eröffnen.
„Children are the future of the country, and if girls are empowered, as much as boys, to learn and pursue careers in technology, we can make a lot of progress.“ (Shurouq Al Hamaideh im Interview)
Von einem Social-Entrepreneurship-Training des „Spring Forward for Women“-Programms profitierte – als nur ein Beispiel – die 22-jährige Jordanierin Shurouq Al Hamaideh. Nachdem sie dieses Training absolviert hatte, gründete sie mit Freunden ein gemeinnütziges Unternehmen in der Stadt Tafila im südlichen Jordanien, um Jugendlichen, darunter fast zur Hälfte Mädchen, Programmierung beizubringen. Drei Monate nach dem Start des Unternehmens schlossen die ersten 33 Teilnehmer im Alter von 13 bis 15 Jahren den Kurs ab. Hier berichtet Shurouq Al Hamaideh von ihren Erfahrungen und Zielen.
„In the first course we delivered, we had 30 children aged 13 to 15 years—almost half of them were girls. They were taught how to develop their own websites from scratch. Their expressions—when they created their first website—were priceless!“ (Interview)
„In my community, most people believe that women are not as logical as men are. This affects the choices you make in life – it tells you that some jobs are just not for you.“ (Ileana Crudu studiert inzwischen Knowledge Engineering in den Niederlanden.)
Aber auch in unserer europäischen Nachbarschaft sind die UN Women aktiv. In Moldavien unterstützen sie das Programm GirlsGoIT, das das Innovationspotential des Landes vergrößern soll, in dem Mädchen und jungen Frauen Computer- und Programmierkenntnisse vermittelt werden. Den Erfahrungsbericht einer jungen Teilnehmerin kann man hier nachlesen.
Viele dieser Initiativen werden als Beitrag zu den Zielen der nachhaltigen Entwicklung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen verstanden. Punkt 5 dieser Ziele ist die Gleichstellung der Geschlechter. Ein genanntes Ziel ist es, die Nutzung entsprechender Technologien, insbesondere der Informations- und Kommunikationstechnologie, zu steigern, um die Position und Selbstbestimmung von Frauen zu stärken (Targets & Indicators). Der Bericht zum Stand dieser Ziele im Jahr 2016 ist hier in deutscher Sprache zu lesen.